Hallo,
bestimmt hast du schon gehört, dass es in Berlin wieder richtig zur Sache geht. Die lange Sommerpause liegt inzwischen einige Wochen zurück. Sie war gut, um wieder Kraft zu tanken und sich gleichzeitig auf die kommenden Sitzungswochen vorzubereiten. Wir erleben gerade eine anstrengende, aber zugleich spannende Zeit in diesem Herbst.
In der Sommerpause ist so einiges passiert. Wie du sicherlich gehört hast, werden in Schleswig Holstein Neuwahlen stattfinden. Das wurde vor Kurzem vom Landesverfassungsgericht entschieden. Nach einer Klage der Grünen und des Südschleswigschen Wählerverbandes wurde entschieden, dass das Wahlrecht nicht mit der Landesverfassung vereinbar ist. Das Gericht beauftragte das Parlament nun bis Mai 2011 ein neues Wahlgesetz zu verabschieden, auf dessen Grundlage spätestens im September 2012 ein neuer Landtag gewählt werden muss. Also zwei Jahre früher als geplant.
Ein Punkt, der für großes Aufsehen in den Medien gesorgt hat, waren die Äußerungen von Thilo Sarrazin und das Erscheinen seines Buches. Für diejenigen unter Euch, die Herrn Sarrazin nicht kennen: Thilo Sarrazin ist Vorstandsmitglied der Deutschen Bundesbank gewesen, somit repräsentierte er Deutschland auch international in der Finanz- Welt. Vielleicht hast auch du die Debatte darüber aufmerksam verfolgt und Dir Deine eigene Meinung dazu gebildet. Hier ein paar Worte zu meiner Position in dieser Debatte:
Auf der einen Seite hat Thilo Sarrazin recht, dass es in Deutschland Probleme bei der Integration von Ausländern gibt. Wenn man sich richtig integrieren möchte, gehört es dazu, unseren Staat, unsere Gesellschaft und unsere Ordnung anzunehmen und zu akzeptieren. Dies ist allerdings bei manchen Migranten nicht immer der Fall und führt zu Konflikten. Andererseits finde ich einige Aussagen von Herrn Sarrazin ungerecht. Denn seine Thesen sind sehr verallgemeinernd und vor allem auf Muslime bezogen. Probleme gibt es jedoch nicht nur bei der Integration von Muslimen, sondern auch bei manchen anderen Gruppen, während es auch viele Muslime gibt, die sich inzwischen sehr gut in unsere Gesellschaft eingefügt haben. Ich kenne etliche von ihnen. Wichtig ist, dass tabulos über Integration und die Probleme im Miteinander der Kulturen in Deutschland diskutiert werden kann, dass bestehende Probleme benannt und gelöst werden. Parallelgesellschaften darf es in Deutschland nicht geben.
Spannend während der ersten Sitzungswochen wird auch die Entscheidung über den CCS-Gesetzesentwurf. CCS steht für Carbon Dioxid Capture and Storage, was soviel heißt, wie das Auffangen und Speichern von Co2. Wie ihr wisst, ist Co2 einer der Hauptverursacher der Erderwärmung. Damit das Co2 nicht in die Atmosphäre gelangt und der Klimawandel weiter fortschreitet, soll es - so die Idee - in stark gepresster Form unter die Erde gepumpt und gelagert werden. Als besonders geeignete Gebiete für diese Speicherung gelten Teile von Brandenburg und Schleswig Holstein. Dagegen wehren sich die Menschen in der möglichen Speicherregion in Nordfriesland, und ich unterstütze sie dabei. Ich möchte mich dafür einsetzten, dass bei diesem Gesetz eine sogenannte Länderklausel eingefügt wird. Dann dürfen Bundesländer selber entscheiden, ob in ihrem Bundesland Co2 unterirdisch gespeichert werden soll. Für Schleswig-Holstein haben die Landesregierung und alle Parteien im Landtag erklärt, dass unterirdische CO2-Speicherung nicht infrage kommt.
Ein weiteres Thema, das für Diskussionsstoff sorgte, ist die Energiepolitik und dabei die geplante Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke.
Ursprünglich war geplant, dass alle Atomkraftwerke bis zum Jahr 2022 abgeschaltet werden. Dies wurde im Jahr 2000 von der damaligen Bundesregierung mit der Energiewirtschaft vereinbart und in einem Ausstiegsgesetz beschlossen. Die geplante Laufzeitverlängerung sorgt nun für Aufregung in Teilen der Bevölkerung und der Opposition.
In meinen Augen ist die Energiepolitik der christlich-liberalen Koalition äußerst zukunftsweisend. Der notwendige Ausbau der erneuerbaren Energien, wie zum Beispiel Windkraft-oder Solaranlagen, in den kommenden Jahrzenten muss mit Augenmaß weitergehen, aber zugleich auch wirtschaftlich vertretbar sein. Atomkraftwerke produzieren sehr günstigen Strom und tragen somit, als Co2-freier Energieträger, nicht nur umweltschonend, sondern auch wirtschaftlich dazu bei, dass sich Deutschland weiterhin im internationalen Wettbewerb behaupten kann.
Das Energiekonzept der Bundesregierung hat noch mehr zu bieten als die Laufzeitverlängerung, auch wenn nur diese in den Medien dargestellt wird. Das klare Ziel von mir und auch der Bundesregierung ist es, die regenerative Energiegewinnung weiter voran zu treiben. Im Jahr 2050 sollen dann nahezu alle Haushalte mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden. Bis es soweit ist, können wir auf die Kernenergie allerdings nicht verzichten. Deshalb bezeichnen wir die Kernenergie auch als Brückentechnologie, um das Zeitalter der regenerativen Energien zu erreichen.
Hierüber wie über eine Reihe anderer wichtiger Themen - von der Bundeswehr-Strukturreform mit Wehrpflicht bis zur Neuregelung der Regelsätze für Hartz-IV-Empfänger - wird es in den kommenden Wochen und Monaten noch heftige Auseinandersetzungen im Bundestag geben. Zu jedem Themen gibt es eben unterschiedliche Auffassungen und Interessen. Diese Auseinandersetzungen gehören zu einer Demokratie dazu. Ich erlebe sie als unglaublich spannend.
Herzliche Grüße
Ingbert Liebing, MdB
www.ingbert-liebing.de
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