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Plenarrede zum Antrag „ Die Zukunftsfähigkeit der maritimen Wirtschaft als nationale Aufgabe“

Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, 13.05.2011

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Beauftragte der Unionsfraktion für maritime Wirtschaft, mein Kollege Eckhardt Rehberg, hat in seinem Beitrag eindrucksvoll beschrieben, vor welchen Herausforderungen die maritime Wirtschaft zurzeit steht und mit welchen Forderungen wir in die Nationale Maritime Konferenz gehen wollen. Ich brauche nicht zu wiederholen, welche wirtschaftlichen Interessen und Chancen mit diesem Thema verbunden sind. Ich möchte vielmehr aufzeigen, warum und wie wir die wirtschaftlichen Interessen mit den Anliegen des maritimen Umweltschutzes verbinden. Natürlich gibt es Nutzungskonflikte und mögliche Risiken. Der steigende Flächenbedarf für den Ausbau der Offshorewindenergie und die Schifffahrt, nicht nachhaltige Fischereipraktiken, die Gewinnung von Bodenschätzen und Energie aus dem Meer, Verschmutzung und Vermüllung sowie die Erwärmung der Meere infolge des Klimawandels sind nur einige Stichworte. Unser Ziel ist es, Nutzungskonflikte zu befrieden und zu einem Interessenausgleich zu kommen. Chancen nutzen, Risiken beherrschen, das ist unser Motto bei diesem Thema.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Wenn wir von der Bedeutung des Meeresumweltschutzes sprechen, darf ein Hinweis nicht fehlen: Der Verkehrsträger Schiff ist nicht nur aus wirtschaftlichen, sondern auch aus ökologischen Gründen das sinnvollste Verkehrsmittel.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Denn gemessen an der Transportleistung, ist sein Schadstoffausstoß am geringsten. Deshalb wird aus meiner Sicht die kritische Betrachtung dieses Themas im SPD-Antrag den Sachverhalten nicht gerecht. Die maritime Umwelttechnologie in Deutschland macht große Fortschritte. Die deutsche Industrie ist in diesem Bereich gerade für die Schifffahrtsbranche weltweit führend. Die ersten Doppelhüllentanker sind in Deutschland gebaut worden. Die Branche verfügt über exzellente Ingenieure und einen hohen Ausbildungsstandard. Ich nenne für neue Innovationen nur wenige Stichworte: den Einsatz von Brennstoffzellen, die Ausrüstung von Frachtschiffen mit Zugdrachen oder den Einsatz von LNG als Brennstoff. Die Unternehmen, die auf Forschung und Innovation setzen, werden beste Chancen haben. Wachstum in der Schifffahrtsbranche ist deshalb auch in dieser Hinsicht im Einklang mit der Ökologie möglich. Höhere Umweltstandards können auch im ökonomischen Interesse liegen. Von der Entwicklung neuer Technologien für eine noch geringere Umweltbelastung durch die Schifffahrt können Umwelt und Wirtschaft gleichermaßen profitieren, wenn man es denn richtig macht. Das heißt aber, dass Umweltstandards praxistauglich gesetzt werden müssen. Deswegen komme ich noch mal zu dem Thema der SECAs, die hier schon mehrfach angesprochen worden sind. Mit der Ausweisung dieser Sondergebiete für schwefelreduzierte Immissionen werden ab 2015 die Emissionswerte von derzeit 1 Prozent auf 0,1 Prozent in Nord- und Ostsee abgesenkt. Dies hätte den Einsatz von Destillaten zur Folge, soweit noch nicht andere Technologien wie die Scrubber-Technologien tatsächlich eingesetzt werden können. Aber die Destillate sind deutlich teurer, und teurere Treibstoffkosten können zu Verkehrsverlagerungen von See auf Land führen. Das ist genau das, was wir nicht wollen. Die möglichen Risiken, die möglichen negativen Folgen dieser Verkehrsverlagerungen sind durch Studien belegt. Deswegen ist es genau richtig, dass wir uns jetzt Gedanken darüber machen, wie man zu Lösungen kommt, zu praxistauglichen Lösungen insbesondere für die jetzt vorhandenen Schiffe. Bei Neubauten, sagt uns die Branche, kriegen wir das in den Griff. Aber wir müssen uns um die jetzt fahrenden Schiffe kümmern.
Deswegen möchte ich ausdrücklich den Einsatz sowohl des Verkehrsministers Peter Ramsauer als auch seines Staatssekretärs Enak Ferlemann loben, die sich um dieses Thema kümmern, weil diejenigen, die das früher eingeführt haben, das eben versäumt haben. Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: VDR, Verband Deutscher Reeder!)

– Da sollten Sie mal ganz ruhig sein! Sie haben das ja mit Ihren Genossen verbockt, Herr Beckmeyer.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP – Uwe Beckmeyer [SPD]: Sie sind völlig neben der Spur! VDR, der Verband der Reeder!)

Maritimer Umweltschutz braucht sicheren Schiffsverkehr.

(Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist der Verband der deutschen Reeder! Die arbeiten dort in den Kommissionen! Wollen Sie das mal realisieren?)

– Genau, ist ja richtig. Wir machen das ja gemeinsam mit der Branche. Es wäre nur besser gewesen, wenn man das rechtzeitig, vor der Beschlussfassung, gemacht hätte. Es ist Ihre Verantwortung, das nicht getan zu haben.

(Beifall bei der CDU/CSU – Uwe Beckmeyer [SPD]: Das ist mit Zustimmung des Verbands Deutscher Reeder passiert!)

Maritimer Umweltschutz braucht sicheren Schiffsverkehr. Dafür haben wir vor der Küste in der Deutschen Bucht und an der Ostsee einiges erreicht. Ich nenne nur das Havariekommando in Cuxhaven. Aber die Einrichtung des Havariekommandos ist letztlich die Folge eines schweren Unglücks von vor über zehn Jahren gewesen, die Havarie der „Pallas“ vor Amrum. Das Erlebnis steckt uns allen an der Küste noch in den Knochen. Aber die derzeitige Behördenstruktur mit verschiedensten Bundes- und Landesbehörden und den gesplitteten Zuständigkeiten ist trotz erreichter Fortschritte nach wie vor unbefriedigend. Der Aufbau einer nationalen Küstenwache ist im Koalitionsvertrag verankert, und das Bekenntnis zu dieser notwendigen Aufgabe haben wir in unseren Antrag aufgenommen. Mit der heutigen Beschlussfassung unterstreichen wir diese Erwartungshaltung an die Bundesregierung, dass die Zielsetzung einer nationalen Küstenwache mit der Integration der Bundesbehörden auf See jetzt auch in einem ersten Schritt vollzogen wird.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich erwarte, dass im Gegensatz zu manchem hinhaltenden Widerstand einzelner Fachbehörden dies jetzt auch wirklich umgesetzt wird, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Dr. Valerie Wilms [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen, nicht nur reden!)

Lassen Sie mich zum Abschluss noch einen Aspekt aufgreifen, der mir sehr am Herzen liegt. Die Schifffahrt ist zwingend angewiesen auf Sicherheit und auch auf eine freie Schifffahrt auf allen Weltmeeren. Das, was wir insbesondere im Indischen Ozean mit zunehmenden Piratenangriffen erleben, macht uns Sorge, zunehmende Sorge, weil wir die Intensität, aber auch die zunehmende Brutalität in den Angriffen der Piraten feststellen, da es inzwischen auch zu Toten gekommen ist. Unsere Marine leistet hier einen wichtigen Beitrag im Rahmen von Atalanta, den ich ausdrücklich anerkennen und würdigen möchte.

(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

Ich baue darauf, dass auch diese Erfahrungen in die jetzt notwendigen Entscheidungen im Rahmen der Bundeswehrstrukturreform einfließen. Die Marine leistet hier einen wichtigen Beitrag für die freie Schifffahrt als Voraussetzung für freien Welthandel. Wir müssen aber auch feststellen, dass die bisher ergriffenen Maßnahmen nicht ausreichen, um die Seewege tatsächlich ausreichend zu schützen. Die langfristige und
durchgreifende Lösung wird sicherlich nur in veränderten staatlichen Strukturen und in der Gewährleistung von Sicherheit an Land liegen. Wir brauchen diesbezüglich eine Lösung, insbesondere für Somalia. Aber darauf können wir nicht warten. Wir brauchen auch kurzfristige Maßnahmen; wir brauchen mehr als das, was bisher geschehen ist. Der Rat, keine Schiffe mehr durch den Suezkanal, sondern um Afrika herum fahren zu lassen, kann nicht zielführend sein. Ein solches Vorgehen käme einer Kapitulation, auch der Welthandelsnation Deutschland, gegenüber international geächteten Piraten gleich. Wir setzen uns dafür ein, nach weiteren Wegen zu suchen, um die Schifffahrt wirksam gegen Piratenangriffe zu sichern. Die Sicherheit der deutschen maritimen Wirtschaft und der für Deutschland wichtigen Handelswege muss oberste Priorität für eine Exportnation wie Deutschland haben.

(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Die 7. Nationale Maritime Konferenz in Wilhelmshaven stellt sich allen diesen wichtigen Herausforderungen. Ich hoffe und ich bin auch zuversichtlich, dass von dieser Konferenz ein gutes und ein starkes Signal für unsere Branche ausgehen wird, die sich mit den Herausforderungen auseinandersetzt. Sie erhält die Unterstützung der Bundesregierung und des Deutschen Bundestages. Wir sollten die Chancen nutzen und uns gleichzeitig der Risiken bewusst sein. Die Risiken sollten wir aber nicht in den Vordergrund stellen, sondern wir sollten ausdrücklich sagen: Mit diesen Aufgaben sind vor allem Chancen verbunden, die wir für unsere maritime Wirtschaft nutzen wollen. Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


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