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Plenarrede zum Antrag der Fraktion der Grünen „Abkommen zum Schutz der Arktis unverzüglich auf den Weg bringen – Internationale Zusammenarbeit zum Schutz der Arktis“

Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, 21.09.2011

Herr Präsident / Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Die Arktis ist ein sensibles Ökosystem – durch den Klimawandel schmelzen die Pol-kappen langsam. Dadurch wird der Zugang zu den begehrten Rohstoffen wie Öl und Gas einfacher. Dadurch entwickelt sich aber auch eine vielfältige Problemkulisse. Der Antrag der Grünen beschreibt diese Probleme weitgehend korrekt.
Der politische Eindruck, den die Grünen jedoch zu erwecken versuchen, die Bundesregierung vernachlässige die Arktis und müsse erst zu konkretem Handeln aufgefordert werden, ist falsch. Die Bundesregierung widmet sich diesem Thema, und zwar sehr verantwortungsbewusst: sowohl mit Blick auf ökonomische Chancen, aber vorrangig mit Blick auf den Schutz dieses sensiblen Ökosystems.
Wir kommen aber an einer Tatsache nicht vorbei: Deutschland ist kein Arktis-Anrainerstaat. Das reduziert unsere Einflussmöglichkeiten. Auch auf europäischer Ebene ist gemeinsames Handeln schwer, da sich Dänemark/Grönland von der EU nicht das Handeln auf eigenem Territorium vorschreiben lassen.
Und Russland lässt sich schon gar nichts sagen.
Dennoch nimmt Deutschland Einfluss: im Interesse der Arktis und ihres Schutzes:
Deutschland ist beobachtendes Mitglied im Arktischen Rat, der das gemeinsame Konsultationsgremium aller acht Staaten mit Gebieten (Land und Wasser) nördlich des Polarkreises ist. Hier geht es um die Themen Umweltschutz und nachhaltige Entwicklung der Polarregion. An den Sitzungen des Rates nehmen auch regelmäßig Vertreter der indigene Völker teil. Gerade Kanada und die USA haben ein hohes Interesse, die einheimische Bevölkerung in die Entwicklung der Polarregion mit einzubeziehen.
Die fünf Anrainerstaaten (Dänemark/Grönland, Russische Föderation, Kanada, Norwegen, USA) vertreten ihre souveränen Rechte über ihre arktischen Gebiete. Obwohl Deutschland international führend ist in der Polarforschung, verfügt es leider über wenig Mitspracherechte in der Polarregion. Der Rechtsrahmen hierfür ist das Seerechtsübereinkommen der VN von 1982.
Daher ist das Ansinnen der Grünen auch überaus schwierig, hier die Staaten zu zwingen, auf ihrem Territorium gewisse Umwelt-Standards einzuhalten. Wir müssen anerkennen, dass sich Deutschland auf sehr dünnem Eis bewegt, wenn es in die Staatenpolitik anderer Ländern eingreifen soll.
Viele Forderungen der Grünen zeugen auch von Unkenntnis der rechtlichen Situation. Wir in Deutschland müssen die internationalen Prozesse verstehen und uns zunächst mit der Beobachter-Funktion zufrieden geben. Die Anrainerstaaten machen in der Arktis ihre Hoheitsansprüche geltend, daher ist die Forderung der Grünen in ihrem Antrag, einen „Arktisvertrag“ ähnlich dem „Antarktisvertrag“ aus dem Jahr 1959 auszuhandeln, nicht so einfach per Bundestagsbeschluss zu vollziehen. Im Gegensatz zur Antarkis, wo kein Staat direkte Ansprüche angemeldet hat, es keine nennenswerten auszubeutenden Rohstoffe gibt und es auch kein Ansinnen auf Durchfahrten der Schifffahrt und anderer Transportverkehre gibt, ist die Arktis bereits jetzt zur Zielscheibe weitreichender wirtschaftlicher wie auch verkehrspolitischer Interessen geworden.
Dies wurde bereits im März dieses Jahres bei der zweiten internationalen Arktis-Konferenz des Auswärtigen Amtes deutlich. Hier hielt Außenminister Guido Wester-welle ein Plädoyer für den freien Zugang aller Nationen zur Polarregion – nicht nur der Arktis-Anrainer. Er erklärte, der Arktische Ozean müsse als gemeinsames Erbe der Menschheit erhalten und die Forschung dürfe durch eine künftige wirtschaftliche Nutzung der Arktis nicht eingeschränkt werden. Auch die Probleme des Klimawandels beträfen alle Staaten.
Die Bundesregierung versucht, das Optimum an Schutz der Arktis zu erzielen.
Das Bundesumweltministerium hat ein Gutachten zum Thema „Identifizierung deut-scher Umweltschutzinteressen und Entwicklung von Handlungsempfehlungen für die deutsche Umweltpolitik in der Arktis“ öffentlich ausgeschrieben.
Das konkrete Ziel dieser Ausschreibung besteht darin, eine eingehende Analyse der Umweltsituation in der Arktis sowie deutsche Umweltschutzinteressen - über den Forschungsbereich hinaus – systematisch zu erfassen. Auf dieser Basis sowie vor dem Hintergrund der bestehenden Rechtslage sollen die für Deutschland relevanten Handlungsfelder für den Umweltschutz in der Arktis analysiert werden.
Das Bundesumweltministerium will der zunehmenden politischen und wirtschaftlichen Bedeutung der Arktis mit einer gesonderten deutschen „Arktisstrategie“ gerecht werden. Hierbei stehen die Bereiche Forschung, Wirtschaft, vor allem auch Umwelt und Sicherheit im Vordergrund. Eine deutsche Position ist hinsichtlich der Kernziele Klima- und Umweltschutz der EU-Arktis-Politik erforderlich. Die ausgeschriebene Studie wird dafür eine Basis liefern.
Der Schutz der Arktis ist ein wichtiges Thema, mit dem auch wir uns intensiv be-schäftigen und das wir ernst nehmen. Nach Überweisung des Antrages in die ent-sprechenden Ausschüsse werden wir hierüber in aller gebotener Sorgfältigkeit noch einmal beraten können – und die Bundesregierung und das Bundesumweltministerium in ihren Bemühungen zum Schutz der Arktis unterstützen.

Ingbert Liebing, MdB
 


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