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Plenarrede zum Koalitionsantrag

Deutscher Bundestag, 17. Wahlperiode, 9. Februar 2012

Ingbert Liebing (CDU/CSU):


Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Mit dem Antrag zum Kinder- und Jugendtourismus rücken wir, die Koalitionsfraktionen, eine Branche in den Fokus, die oftmals unterschätzt wird. Dabei ist sie ein beachtliches Segment des Tourismus in unserem Land. Kinder- und Jugendtourismus umfasst einen Jahresumsatz von etwa 12 Milliarden Euro. Kinder- und Jugendreisen machen einen Anteil von 20 Prozent des Inlandstourismus aus. Allein Jugendherbergen verzeichnen über 10 Millionen Übernachtungen und einen Umsatz von insgesamt über 1 Milliarde Euro an Wertschöpfung, wie gerade eine aktuelle Studie des Deutschen Jugendherbergswerkes ausdrücklich nachgewiesen hat.
Wer von uns erinnert sich nicht gern an Aufenthalte in Jugendherbergen in seiner eigenen Jugendzeit, zum Beispiel bei Klassenfahrten, vielleicht mit Lagerfeuer und Gitarrenmusik? Mir liegen die Jugendherbergen besonders am Herzen, und zwar nicht nur deshalb, weil mein Wahlkreis der Wahlkreis mit den meisten, nämlich zwölf, Jugendherbergen ist, sondern auch, weil sie von einem großen ehrenamtlichen Engagement geprägt sind, das über 1 000 ehrenamtliche Mitarbeiter erbringen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Aber der Blick auf den Kinder- und Jugendtourismus lohnt nicht nur wegen des wirtschaftlichen Aspektes, sondern es geht um mehr. Der Kinder- und Jugendtourismus hat pädagogische und soziale Bedeutung: zum einen im Inland, denn junge Menschen lernen auf diese Weise die eigene Heimat kennen und lieben, und zum anderen im Ausland, wo sie Kontakt mit anderen Nationen und Kulturen bekommen. Jugendtouristische Einrichtungen stellen sich dieser Herausforderung zum Beispiel mit gezielten Angeboten zur Förderung von gesunder Ernährung und Bewegung. Es gibt beispielsweise konsequent alkoholfreie Jugendherbergen, das heißt auch für erwachsenes Begleitpersonal.
Die inhaltliche Ausgestaltung ist eine permanente Aufgabe, die darin besteht, mit attraktiven und sinnstiftenden Freizeitaktivitäten, mit Bildungs- und Erlebnisangeboten immer auf der Höhe der Zeit zu sein. Dies ist eine Aufgabe, der sich die Einrichtungen stellen.
Die Bundesregierung unterstützt diesen Bereich nach Kräften. Die Ausfälle in Ihrer Rede, Frau Hiller-Ohm, in diesem Zusammenhang verstehe ich überhaupt nicht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Hans-Joachim Hacker [SPD]: Das waren doch keine Ausfälle! – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Das war die nackte Wahrheit!)


Ich finde es bezeichnend, dass Sie rückwärtsgewandt vieles kritisieren und auch unseren Antrag in Grund und Boden verdammen, aber in Ihrer Rede nicht einen einzigen konkreten Vorschlag machen, was Sie anders oder besser machen wollen.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP – Gabriele Hiller-Ohm [SPD]: Der kommt ja noch!)


Sie haben gerade nichts anderes als Mäkelei abgeliefert, Frau Hiller-Ohm.
Die Bundesregierung unterstützt den Kinder- und Jugendtourismus in vielfältiger Form. Der Kinder- und Jugendplan des Bundes finanziert internationale Jugendreisen und den Austausch mit über 20 Millionen Euro sowie deutsch-französische und deutsch-polnische Jugendbegegnungen mit über 15 Millionen Euro und unterstützt das Deutsche Jugendherbergswerk, das die deutsch-israelischen Jugendbegegnungen organisiert. Außerdem unterstützen wir überregionale Jugendbegegnungsstätten mit 5 Millionen Euro im Bundeshaushalt.


(Marlene Mortler [CDU/CSU]: Genau!)


Die DZT wird 2013 das Themenjahr „Junges Reiseland Deutschland“ weltweit vermarkten, und zwar mit Unterstützung aus dem Bundeshaushalt, in dem wir die Finanzierung der DZT auf über 27 Millionen Euro aufgestockt haben.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Meine Damen und Herren, dies ist ein ausdrücklicher Beweis dafür, dass die Bundesregierung dem Segment des Jugendtourismus große Aufmerksamkeit widmet und tatkräftige Unterstützung bietet.
Viele Organisationen engagieren sich gerade in diesem Bereich vor allem für Qualitätssicherung und -steigerung. Ich nenne insbesondere das BundesForum Kinder- und Jugendreisen mit dem Qualitätsmanagementsystem QMJ, aber auch Klassifizierungsinitiativen zum Beispiel des Landesjugendringes Schleswig-Holstein.
Meine Damen und Herren, das Ende des Zivildienstes hat auch im Bereich von Jugendbegegnungsstätten, Jugendherbergen eine neue Herausforderung mit sich gebracht. Allerdings war die Bedeutung des Zivildienstes schon deutlich gesunken; viele Einrichtungen hatten ihn gar nicht mehr genutzt. Umso positiver kommt dort jetzt der neue Bundesfreiwilligendienst an; er schafft neue Möglichkeiten gerade in Jugendeinrichtungen.


(Marlene Mortler [CDU/CSU]: Voller Erfolg!)


Auch in den Jugendherbergen sind die ersten Bufdis angekommen. Dies entwickelt sich zu einem Erfolgsmodell. Auch das haben wir als Koalition zusammen mit der Bundesregierung auf den Weg gebracht.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Es geschieht also viel, aber es gibt auch noch einiges zu tun, auch in der Zuständigkeit der Bundesländer. Ich nenne zum Beispiel die Anregung, die wir in unseren Antrag mit aufgenommen haben, die Anerkennung von Auslandsschuljahren von Schülern stärker zu fördern, insbesondere durch die Anerkennung dieser Zeit für die eigene Schulzeit im Inland. Das ist durch die Verkürzung der Gymnasialschulzeit auf acht Jahre, die richtig war, schwieriger geworden, aber trotzdem sollte man die Möglichkeiten der Anerkennung dieser Auslandsjahre verbessern.
Ich nenne des Weiteren die Klassenfahrten. Hier ist es sinnvoll, pädagogische Inhalte noch stärker in den Vordergrund zu stellen.
Und ich nenne das Stichwort der Ausbildung von Jugendreiseleitern, in der die Themen von Gewalt, auch sexueller Gewalt, verstärkt einbezogen werden müssen. Wir erinnern uns an spektakuläre Schlagzeilen. Dies waren sicherlich spektakuläre Einzelfälle, aber auch jeder Einzelfall ist ein Fall zu viel. Deswegen lohnt es sich, in der Ausbildung von Jugendreiseleitern einen stärkeren Fokus auf diese Themen zu richten.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)


Kollegin Daub hat das Thema der Vermarktung angesprochen – die Internetplattform „Jugendtourismus in Deutschland“. Daran arbeitet die Branche seit langer Zeit selber, aber der große Durchbruch wurde noch nicht erreicht. Wir regen an, diese seitens des Bundes durch Kooperationen zu unterstützen.
Meine Damen und Herren, Kinder- und Jugendtourismus ist ein Thema mit Zukunft für den Tourismusstandort Deutschland. Viele Familien machen dort Urlaub, wo sich die Eltern, als sie Kinder waren, wohlgefühlt haben, wo sie in ihrer Kindheit glücklich waren. Ich erlebe das gerade auf Sylt, wo ich zu Hause bin, sehr oft. Dort gibt es viele Jugendeinrichtungen, Schullandheime usw. Viele kommen mit ihren eigenen Kindern wieder und zeigen ihnen: Hier habe ich, als ich so alt war wie ihr, einmal Urlaub gemacht. – Die Förderung von Kinder- und Jugendtourismus ist also auch nachhaltig, weil sie über Jahrzehnte nachwirkt und so den Tourismusstandort Deutschland stärkt. Der Kinder- und Jugendtourismus zahlt sich über Jahrzehnte aus und verdient unsere Unterstützung.
Über die Vorschläge in unserem Antrag intensiver zu diskutieren, lohnt, auch in der Ausschussberatung. Ich würde mich allerdings freuen, wenn wir das mit etwas mehr Tiefgang machen könnten, als es eben in Ihrem Beitrag der Fall war, Frau Hiller-Ohm. In diesem Sinne freue ich mich und hoffe auf eine breite Unterstützung für unsere Initiative in diesem Haus.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.


(Beifall bei der CDU/CSU und der FDP)

 


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