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Rede zum Walschutz

Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode, 10. Mai 2007

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ende dieses Monats finden sich in Anchorage in Alaska die Mitglieder der Internationalen Walfangkommission, IWC, wieder zu ihrem jährlichen Treffen zusammen. Ich bin sicher, dass diese Konferenz ein ungleich höheres internationales öffentliches Interesse hervorrufen wird als die vorangegangenen Konferenzen. Schließlich ist das Treffen im letzten Jahr besonders durch die unrühmliche St.-Kitts-Deklaration aufgefallen, mit der sich erstmals eine Mehrheit der Mitgliedstaaten der IWC für die Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs ausgesprochen hat. Zwar haben sie die notwendige Dreiviertelmehrheit verfehlt, um das seit 1982 bestehende Moratorium gegen den kommerziellen Walfang aufzuheben; aber es war schon ein Alarmsignal. Im Februar hat die japanische Regierung, die seit Jahren unter zweifelhaftem Deckmantel sogenannten wissenschaftlichen Walfang betreibt, ein ebenso fadenscheiniges Treffen der Walfangbefürworter in Tokio organisiert. Man sprach von einem Normalisierungstreffen, dem Deutschland sowie die anderen erklärten Walschutzstaaten demonstrativ ferngeblieben sind. Die Intention dieses Treffens bestand offenkundig nicht darin, den IWC-internen Konflikt zu lösen. Vielmehr sollte der Konflikt in diplomatischer Rhetorik erstickt und der Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs der Weg bereitet werden. Deswegen ist es gut, dass sich unsere Bundesregierung auf dieses Possenspiel nicht eingelassen hat.

Aber die Fronten sind klar, und es besteht weiterhin die Gefahr, dass sich in Zukunft die notwendige Dreiviertelmehrheit findet, um das Walfangmoratorium aufzuheben. Gerade Japan wirbt sehr offensiv um neue IWC-Mitglieder, deren unabhängiges Stimmverhalten angezweifelt werden darf. Es heißt, dass hier Entwicklungshilfegelder an Stimmverhalten gekoppelt worden seien. Wenn dem tatsächlich so sein sollte, dann wäre das ein absolut inakzeptables politisches Gebaren Japans.

In dieser Situation ist es besonders bedeutungsvoll, dass ein klares Signal für den Schutz der Wale, der „Giganten der Meere“, aus Deutschland kommt. Wir können bei weitem noch nicht von einer Erholung der Bestände ausgehen, sodass eine Aufhebung des Walfangmoratoriums gerechtfertigt wäre. Die Bestände liegen teilweise noch unter 20 Prozent des Ausgangsbestandes. Deshalb müssen wir alle Möglichkeiten nutzen, um dem Schutz der Wale gerecht zu werden.

Das gilt für die Beschlüsse der IWC im Mai in Anchorage, es gilt genauso für die Vertragsstaatenkonferenz des Washingtoner Artenschutzabkommens, CITES, im Juni in Den Haag, und es wird auch im kommenden Jahr in Bonn gelten, wenn die 9. Vertragsstaatenkonferenz zum Übereinkommen zum Schutz der biologischen Vielfalt hier bei uns in Deutschland stattfindet.

Denn diese Konferenz legt Deutschland eine besondere Verantwortung auf, insbesondere wenn es um den Schutz der marinen Arten geht. Deswegen haben wir als CDU/CSU-Fraktion die Initiative für einen Bundestagsbeschluss ergriffen, der Ihnen jetzt als Antrag der Koalitionsfraktionen vorliegt. Ich freue mich, dass diesem Antrag gestern im Umweltausschuss alle Fraktionen zugestimmt haben.

Weil eine fraktionsübergreifende Beschlussfassung ein gutes Signal ist, waren wir als Koalitionsfraktionen gerne bereit, zwei Änderungsvorschläge von Bündnis 90/Die Grünen zu übernehmen, um auch Ihnen die Zustimmung zu unserem Antrag zu ermöglichen. Ein solches einstimmiges Votum ist ein ganz wichtiger Schritt und ein deutliches Plädoyer für den Walschutz, der von Deutschland ausgeht.

Unser Antrag enthält die Ablehnung jeglicher Vorschläge, die zur Wiederaufnahme des kommerziellen Walfangs führen. Die Europäische Union müsste unserer Auffassung nach aber mit einer einheitlichen Position vertreten sein. Wir wissen, dass es dabei noch ein Problem mit unserem Nachbarn Dänemark gibt. Aber das lösen wir nicht, indem wir die Dänen an den Pranger stellen. Die Sensibilität der Dänen habe ich gerade in der vergangenen Woche erneut erlebt, als ich mit der Gruppe der schleswig-holsteinischen CDU-Abgeordneten in Kopenhagen war. Hierbei ist diplomatisches Gespür nötig, und ich vertraue darauf, dass die Bundesregierung in diesem Sinne wirksam vorgeht. Das ist auch der entscheidende Grund, weshalb wir dem Antrag der Grünen nicht zustimmen können.

Ansonsten sind wir uns in der Sache ja sehr einig – das ist gut –, auch in der Ablehnung des sogenannten wissenschaftlichen Walfangs, wie er von Japan praktiziert wird. Unter diesem Vorwand sind seit 1986 etwa 26 000 Wale getötet worden. Für die daraus gewonnenen Produkte gibt es nicht einmal in den walfangbetreibenden Staaten Absatzmärkte. Wesentliche wissenschaftliche Erkenntnis daraus gibt es genauso wenig.

Etwas ganz anderes ist unserer Auffassung nach der Subsistenzwalfang, also jener traditionell betriebene Walfang der Inuit-Gemeinschaften Alaskas und Russlands.
Dafür sind zu Recht die entsprechenden Fangquoten freigegeben worden. Dabei handelt es sich – wenn man es vernünftig definiert – um eine nachhaltige, den Walbestand nicht gefährdende Art der Bejagung. Diese Völker wissen, wie sie mit ihren natürlichen Lebensgrundlagen umzugehen haben. Sie sägen gerade nicht den Ast ab, auf dem sie sitzen.
Wir dürfen aber auch nicht aus den Augen verlieren, dass es noch weitere Gefährdungen für die Wale gibt.

Über die Bedrohung der Meeresökologie durch Klimawandel, zunehmende Versauerung und Verschmutzung der Gewässer, Unterwasserlärm sowie Überfischung und Fischereipraktiken, die die marinen Ökosysteme dauerhaft schädigen, haben wir in der Vergangenheit bereits mehrfach diskutiert. Dadurch werden die Wale in besonderem Maße in Mitleidenschaft gezogen.
Vor ein paar Tagen konnten wir in den Zeitungen lesen: Kanadische Grauwale vom Hungertod bedroht. Es ist eine akute Hungersnot ausgebrochen, die sich zunächst selbst Walforscher nicht erklären konnten. Im schlimmsten Fall könne diese für die betroffene Grauwalpopulation genau das einleiten, was wir mit dem Walfangmoratorium eigentlich verhindern wollen, nämlich das Aussterben dieser Art. Mittlerweile ist geklärt, dass diese Unterernährung auf ein Fehlen kleiner Krustentiere zurückzuführen ist, die den Walen als Nahrungsgrundlage dienen. Diese wiederum wurden aufgrund des deutlich erwärmten Pazifikwassers stark dezimiert. Die natürliche Nahrungskette ist unterbrochen worden.

Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, welche gravierenden Auswirkungen der Klimawandel gerade auf die Meere und die marinen Ökosysteme hat. Es zeigt, wie nötig der Schutz der Meere ist.
Der Walfang ist eine Bedrohung für diese schützenswerten Arten. Wir wollen dieser Bedrohung kraftvoll entgegentreten. Lassen Sie uns deshalb ein deutliches Signal nach Anchorage senden! Stärken wir unserer Bundesregierung den Rücken für den Schutz der Wale!

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Ingbert Liebing, MdB

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