Das Thema ist wichtig, weil in der Tat bestimmte Arten von Grundschleppnetzfischerei die eingangs beschriebenen Ökosysteme, Kaltwasserkorallenriffe oder Seeberge, unwiederbringlich zerstören. Es ist gut, dass die deutsche Fischerei dies nicht praktiziert. Aber das Thema der Tiefseeökologie muss breiter aufgegriffen werden. Wir tun dies mit unserem Antrag. Zwei Drittel der Erdoberfläche zählen zum maritimen Lebensraum. Die Bevölkerung dieser Regionen und die dort ansässige Wirtschaft leben vom Meer und dessen Bewirtschaftung. Es geht hier also auch um eine faire und vernünftige Güterabwägung. Zugleich geht es genauso darum, diese maritime Lebensgrundlage auch für künftige Generationen zu erhalten und dem Gebot der Nachhaltigkeit Rechnung zu tragen.
Sicher – es gibt unterschiedliche Interessenlagen. Ich habe deshalb diese unterschiedlichen Interessen an einen Tisch geholt. Können Sie sich vorstellen, dass Greenpeace und der Deutsche Fischereiverband auch gemeinsame Interessen vertreten? Ja, genau das haben wir erreicht und auf dieser Grundlage unseren Antrag erarbeitet. Greenpeace spendet Beifall und der Fischereiverband unterstützt es – das ist ein Erfolg für den gemeinsamen Schutz der Tiefseeökologie, dessen Wert wir gar nicht hoch genug schätzen können. Kernforderung ist es, die Erforschung der Ökosysteme der Tiefsee massiv zu beschleunigen, damit wir sensible Habitate auf hoher See gezielt schützen können. Das muss dann auch die Einrichtung notwendiger Schutzgebiete beinhalten. Und wenn es die regionalen Fischereimanagementorganisationen auch in Zukunft versäumen, effektive Schutzmaßnahmen zu ergreifen, schließt das auch ein befristetes Verbot von Fischereipraktiken, die das marine Ökosystem dauerhaft schädigen, mit ein.
Ein Fehlverhalten der regionalen Fischereimanagementorganisationen scheint mir aber momentan gar nicht das vordringlichste Problem zu sein. Viel verheerender sind offensichtlich die Folgen der illegalen Fischerei. In diesem Punkt ist schnelles Handeln gefordert. Wir brauchen effektive Kontrollen und wirksame Sanktionen – und zwar weltweit. All das sind Forderungen unseres Antrags. Die mittel- und langfristigen Auswirkungen von zerstörerischen Fischereipraktiken, Verschmutzung und in zunehmendem Maße auch des fortschreitenden Klimawandels auf die Meere rücken zunehmend in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Frank Schätzings Bestseller „Der Schwarm“ hat dem Thema der Meere und der Tiefsee sicherlich einen kräftigen Schutz im öffentlichen Bewusstsein verliehen. Damit das Thema „Schutz der Tiefsee“ und damit verbunden der „Schutz der Meere“ noch weiter ins Bewusstsein der Menschen und im Besonderen der Kinder rückt, die später mit den schwerwiegenden Folgen der Umweltzerstörung zu kämpfen haben, rufen die CDU-Abgeordneten aus Schleswig-Holstein in Zusammenarbeit mit dem Kieler Leibniz-lnstitut für Meereswissenschaften IFM-GEOMAR zu einem Malwettbewerb auf: Unter dem Motto „Malt die Tiefsee, wie Ihr sie Euch vorstellt“ können sich alle 5. und 6. Klassen in Schleswig- Holstein beteiligen.
Dies ist ein praktisches Beispiel für Bewusstseinsbildung. Wir müssen dafür sorgen, dass die Nutzung der Meere nachhaltig erfolgt und sowohl deren einzigartige Artenvielfalt als auch altbekannte sowie noch unentdeckte Ressourcen für die kommenden Generationen erhalten bleiben. Dazu ist es auch notwendig, Schutzmechanismen in Kraft zu setzen, selbst dann, wenn der Schutzbedarf noch nicht nachgewiesen ist. Wir bekennen uns zum Vorsorgeprinzip. Wenn wir so lange warten wollen, bis die Tiefseeökologie erforscht ist, bevor wir überlegen, ob es dort etwas zu schützen gibt, dann dürfte jeglicher Schutz zu spät kommen. Wir dürfen nicht abwarten, bis alles zerstört ist, bevor Schutzmechanismen greifen. Wir müssen jetzt handeln. Wir wissen aber auch: Dies können wir nicht in nationalen Alleingängen regeln. Wir brauchen hierfür eine gemeinsame Linie in der EU und Durchsetzungskraft auf internationaler Ebene. Deshalb ist es gut, dass die Bundesregierung die Zielsetzung unseres Antrags unterstützt. Gemeinsam können wir unseren Beitrag dafür leisten, dass die einzigartigen Schätze der Tiefsee, die Geheimnisse und Wunder der Meere, auch für künftige Generationen erhalten bleiben und ihnen sichere Lebensgrundlagen bieten.
Ingbert Liebing, MdB
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